Die 35 Startups des Kickstart Accelerators sind im Kraftwerk eingezogen. In den kommenden Wochen werden die JungunternehmerInnen versuchen, Kooperationen mit Schweizer Grossunternehmen, Stiftungen, Universitäten und Städten aufzugleisen. Wozu das gut ist? Wir geben dir drei Gründe, warum Startups und Grossunternehmen stärker zusammenarbeiten sollten.
Laptops, rauchende Köpfe, hitzige Diskussionen, Pitch-Trainings, Feierabendbier: Mit dem Kickstart Accelerator, dem vom Impact Hub Zürich durchgeführten Innovationsförderprogramm, ist auch der unternehmerische Spirit ins Kraftwerk eingezogen. 35 Startup-Teams aus der Schweiz und aller Welt haben sich in der Halle mit den einzigartigen Schiffscontainern einquartiert. Das erklärte Ziel der nächsten Wochen: Gemeinsame Pilotprojekte mit Grossunternehmen, Universitäten, Städten oder Stiftungen zu lancieren. Der Kickstart Accelerator hat sich auf die Fahne geschrieben, Innovation durch Kollaboration zu ermöglichen. Beim Programm geht es – anders wie bei vielen anderen Programmen – nicht um ein Preisgeld, sondern um kooperative Projekte zwischen den Startups und zahlreichen Partnerunternehmen. Das bedeutet viel Arbeit, knallharte Verhandlungen, Kompromisse, Abmachungen, Abstriche auf beiden Seiten, vielleicht auch enttäuschte Erwartungen. Trotzdem zeigt die Erfahrung, dass sich der Aufwand lohnt – und zwar gleich dreifach:
1. Weil das Startup gewinnt
Durch die Zusammenarbeit mit einem Grossunternehmen oder einer etablierten Organisation kann ein Jungunternehmen sein Produkt unter realen Bedingungen testen und untersuchen, ob das Konzept funktioniert. “Das Schweizer Startup KITRO zum Beispiel hat am letztjährigen Kickstart Accelerator ein Pilotprojekt mit dem Detailhändler Coop lanciert. Ihre Technologie, mit der Lebensmittelabfälle in Gastro-Unternehmen reduziert werden sollen, wurde diesen Sommer in mehreren Coop-Restaurants getestet”, sagt Kickstart Co-Lead und Impact Hub Zürich Co-Founder Christoph Birkholz. “KITRO wird dadurch merken, was an ihrem Produkt funktioniert und wo es noch Anpassungen braucht. Das ist von enormem Nutzen für ein junges Unternehmen”.
Gleichzeitig gewinnt ein Startup durch Kooperationen mit Grossunternehmen an Glaubwürdigkeit. So hat etwa das Unternehmen Notakey, das beim ersten Kickstart 2016 mit Credit Suisse, Swisscom und UBS gleich drei Unternehmen für gemeinsame Projekte gewinnen konnte, in der Zwischenzeit einen riesigen Sprung gemacht.
Hinzu kommt, dass sich anfängliche Pilotprojekte auch in langfristige Projekte verwandeln können, so geschehen beim Kickstart 2016 Startup Veezoo, das eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Versicherer AXA lanciert hat.
2. Weil das Grossunternehmen gewinnt
Die technologische Entwicklung wirkt sich längerfristig auf sämtliche Industrien aus. Junge, internetbasierte Unternehmen – allen voran Google – setzen sich durch; und mit den neuen, wissenschaftsbasierten Technologien (sogenannten Deep Technologies) dürfte der Druck weiter zunehmen. Diesen Zug dürfen Grossunternehmen, Organisationen, Behörden und auch KMUs nicht verpassen. “Und das haben die meisten auch gemerkt”, sagt Christoph Birkholz. “Das Interesse an Startups und an Innovationsförderprogrammen nimmt stetig zu – auch von ganz oben.” Für die diesjährigen Events des Kickstart Accelerators etwa hätten sich weit über 30 CEOs und Führungskräfte grosser Unternehmen und Organisationen angemeldet.
Traditionell geführte Grossunternehmen und Organisationen profitieren vom schnellen Tempo und der Innovationsfreude der Startups. Sie erhalten Zugang zu bahnbrechenden technologischen Neuheiten und die Möglichkeit, diese im eigenen Unternehmen zu testen, sie bei Erfolg langfristig anzuwenden und so ihr Geschäft zu stärken. Zudem lernen sie, mit Partnern zu kooperieren, deren Unternehmenskultur so ganz anders ist als die eigene. Und der unternehmerische Geist hat die Tendenz, abzufärben. Immer mehr Unternehmen investieren in Innovations-Teams und bieten ihren Mitarbeitern zum Beispiel die Möglichkeit, sogenannte Intrapreneurship Teams zu bilden – Unternehmer im Unternehmen. Im diesjährigen Kickstart Accelerator sind gleich fünf Intrapreneurship Teams dabei, von Migros, Credit Suisse und Swisscom. Das sind so viele wie noch nie.
3. Weil wir alle gewinnen
Die Gesellschaft steht vor gigantischen Herausforderungen: Der digitale Wandel krempelt Industrie und Arbeitsmarkt um, das Klima erwärmt sich, die Weltmeere sind voller Plastik. Damit müssen wir umgehen lernen. Und wir brauchen langfristige Lösungen. “Neue Technologien haben durchaus das Potenzial, solche Lösungen hervorzubringen”, sagt Christoph Birkholz. “Aber sie setzen voraus, dass einflussreiche Unternehmen mit innovativen Wachstumsfirmen zusammenarbeiten. Wahrhaftig innovative Lösungen entstehen selten in Isolation, sondern in Kooperation – und dies betrifft fast alle Branchen: Von autonomer Mobilität und Logistik in Städten, über Zugang zu Finanzdienstleistungen in Entwicklungsländern bis hin zu Lern- und Ausbildungsangeboten mit Virtual Reality-Technologien”.
Deshalb bringt der Kickstart Accelerator jedes Jahr innovative Jungunternehmen mit etablierten Organisationen und Firmen zusammen. Damit die Lücke zwischen den Grossen und den Kleinen nach und nach kleiner wird.
Der Kickstart Accelerator in Kürze:
Der Kickstart Accelerator bringt etablierte Startups, Grossunternehmen, Städte, Stiftungen und Universitäten zusammen, um gemeinsam technologische Innovationen voranzutreiben. Das Programm unterstützt und begleitet jedes Jahr gut 30 etablierte Jungunternehmen bei der Lancierung von Pilotprojekten und Proof-of-Concepts mit führenden Schweizer Akteuren.Dafür bietet Kickstart den Startups Zugang zu den Führungskräften und Entscheidungsträgern von Coop, Credit Suisse, Migros, Swisscom und zahlreichen weiteren Partner-Organisationen.
Der Kickstart Accelerator ist ein Programm des Impact Hubs Zürich und wurde 2015 von digitalswitzerland ins Leben gerufen. In diesem Jahr werden Startups und Intrapreneurship Teams in den Bereichen Bildungs- und Lerntechnologien, FinTech und Crypto, Ernährungs- und Vertriebstechnologie sowie Smart Cities gefördert.
von Simone Bächler
Bilder Anja Wurm (Ringier) und Yusef Evans